Geschichte des Square Dance
Als im 19. Jahrhundert die Auswandererwellen auf den neuen Kontinent schwappten, sprachen alle Neuamerikaner verschiedene Sprachen, kochten nach Rezepten ihrer alten Heimat, aus der sie auch ihre so unterschiedlichen Tänze mitgebracht hatten.
Traf man sich zum Wochenende nach vollbrachter schwerer Arbeit, dann hatte anfangs wohl jede Gruppe ihre eigene Musik und eigene Tänze. Ein geordnetes und fröhliches Miteinander bedurfte aber anderer Regeln. Und praktisch, wie die Menschen sind, besonders wenn alle in der selben Situation stecken, entwickelten sie Schritt für Schritt eine neue, für alle zugängliche Tanzform.
Man nahm einfache Figuren aus den verschiedenen Tänzen der Einwanderer, fügte sie sinnvoll aneinander, gab ihnen zum Teil neue und englische Namen und ließ sie von einem Tanzmeister, häufig der Fiedler der kleinen Kapelle, die zum Tanz aufspielte, so rechtzeitig ansagen, dass alle wussten, was sie zu tun, zu tanzen hatten. Der Caller war geboren und mit ihm eine Tanzform, zu der viele Menschen, die miteinander tanzen wollten, Zugang erhielten, ohne lange über Figuren und Bezeichnungen diskutieren zu müssen. Und das vielleicht noch in allerlei Sprachen.
Anfangs kannten mindestens zwei Paare im Square schon den genauen Ablauf der einzelnen angesagten Figuren, und die Paare drei und vier lernten sie während des Tanzes, indem sie beobachteten, was die anderen Paare ihnen vortanzten.
Seit dem ist viel Wasser den Mississippis, den Hudson und den Colorado runtergeflossen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen Tänze wie Foxtrott in Mode, Walzer und Two Step waren gefragt. Die folkloristischen Tänze gerieten in den Hintergrund und dann sogar in Vergessenheit. Der Square Dance wäre beinahe für immer verschwunden.
Jedoch, in den 1920er Jahren, in der Zeit der Wirtschaftskrise, die auch den USA sehr zusetzte, suchte jemand nach einem Symbol für das Verbindende, das Amerikanische, etwas Patriotisches. Henry Ford, der Autokönig, war es, der auf dieser Suche auf den Cowboy Tanz, den Square Dance stieß. Ford fand in Benjamin Lovett, einem Tanzmeister aus Massachusetts jemand, der die traditionellen Tänze noch lehrte. Er engagierte ihn und ließ ihn für seine Idee arbeiten. Ford ermöglichte ein breites Programm zum Erlernen von u.a. Square Dance im Gebiet von Detroit. Dazu gehörten auch Radiosendungen und Lehrprogramme für Schulen. 1926 veröffentlichten Lovitt und Ford ein Lehrbuch. Diese Materialsammlung begeisterte Lloyd Shaw aus Colorado Springs, der daraufhin begann, weiteres Material zu sammeln. 1939 veröffentlichte er das erste umfassende Buch über Western Square Dance mit dem Titel Cowboy Dances. Er bildete gleichermaßen Tänzer und Tanzleiter aus. Der Square Dance war nicht nur gerettet, nein, er zog hinaus in die Welt.
Nach Deutschland kam der Square Dance mit den Amerikanern. 1949 arbeitete Paul Hartman, Sohn deutscher Emigranten für die US Army in Hamburg und Bremen, Berlin und Augsburg. Er begann etwas, was mit Hilfe vieler anderer Caller und Tänzer aus den USA zur landesweiten Freizeitaktivität für Amerikaner und zunehmend Deutsche wurde. Heute tanzen über 8000 Tänzer und Tänzerinnen in mehr als 400 Klubs in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Belgien und den Niederlanden. Ferner viele tausend in Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland und Tschechien.
Damit all dies in geordneten Bahnen laufen kann und auch gesichert ist, dass alle weltweit miteinander tanzen können, brachte die in den späten 1960er Jahren gegründete American Square Dance Society 1967 eine Liste mit 50 Basic-Figuren heraus, der 1970 weitere 25 Figuren als Extended Basics hinzugefügt wurden. Diese Liste hatte weltweit Gültigkeit.
Aus der Society ging später die Callervereinigung CALLERLAB hervor als Hüterin des Square Dance Programms, das sie seit 1974 festlegt und überprüft.
Die derzeitige Liste umfasst 68 Figuren. Hinzu kommen 31 weitere Figuren des Plus-Programms. Wer will, kann darüber hinaus noch weitere Figurenprogramme erlernen. Da ständig neue Figuren und Kombinationen entwickelt werden, gibt es unbestätigten Gerüchten zufolge, weit mehr als 4444 Figurenbeschreibungen. Aber in einem sind sich alle einig: Kein Mensch kann die alle tanzen. Aber man kann sie mal ausprobieren. So zum Spaß. Und dann wieder vergessen...